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[CAT: STRATEGIE] Waage mit Schlüssel und Geld

Die Wohnung, die sich selbst bezahlt: Mythos oder Realität?

Instagram-Gurus versprechen dir das "Passive Einkommen" ab Tag 1. Wir rechnen nach, ob das bei 4% Zinsen noch möglich ist – und wo die versteckten Kosten lauern, die dich ruinieren.

📊 Direkt zur Kalkulation springen →

Es ist der heilige Gral jedes Immobilien-Investors. Der feuchte Traum jedes BWL-Studenten. Die Legende, die auf YouTube und TikTok in 15-sekündigen Clips verkauft wird:

Die Immobilie, die dich keinen Cent kostet.

Das Narrativ geht so: Du gehst zur Bank, leihst dir Geld, kaufst eine Wohnung, setzt einen Mieter rein. Die Miete deckt den Kredit. Nach 30 Jahren gehört die Wohnung dir. Du hast 0 Euro eigenes Geld im Monat ausgegeben, bist aber am Ende Millionär. Passives Einkommen, Strandbar, Mojito.

Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es oft auch. Aber – und das ist das Wichtige – es ist nicht unmöglich. Es ist nur verdammt viel schwieriger, als dir die Coaching-Verkäufer weismachen wollen.

Das Versprechen vom Gratis-Vermögen

Lass uns definieren, wovon wir hier eigentlich sprechen. Wenn wir von einer "selbsttragenden Immobilie" reden, meinen wir den sogenannten Cashflow-Neutralen Deal.

Das bedeutet: Am Ende des Monats, wenn alle Rechnungen bezahlt sind, steht auf deinem Konto eine schwarze Null. Nicht minus 100 Euro. Nicht plus 500 Euro. Null. Der Mieter und das Finanzamt finanzieren deinen Vermögensaufbau zu 100%.

Wenn du Vermögen aufbauen willst, ohne zu arbeiten, muss dein Geld arbeiten. Oder besser: Das Geld anderer Leute.

Das Problem? Wir leben nicht mehr im Jahr 2019. Damals, als Zinsen bei 0,8% lagen, war fast jede Bruchbude in Buxtehude ein Cashflow-Wunder. Heute, bei Zinsen zwischen 3,5% und 4,0%, sieht die Rechnung ganz anders aus. Wer heute mit den Glaubenssätzen von gestern kauft, landet morgen in der Privatinsolvenz.

Die brutale Mathematik: Was "selbsttragend" wirklich heißt

Viele Anfänger machen einen entscheidenden Fehler. Sie rechnen:
Mieteinnahmen minus Kreditrate = Cashflow.

Das ist falsch. Und gefährlich.

Die echte Formel für den Cashflow einer Immobilie ist komplexer. Und sie enthält Positionen, die du nicht auf dem Schirm hast, bis die Rechnung im Briefkasten liegt.

Taschenrechner mit Einnahmen und Ausgaben
Abb. 1: Die Realität auf dem Papier sieht oft anders aus als im Kopf.
Die Cashflow-Gleichung (Monatlich)
+ Kaltmiete - Zinsen (an die Bank) - Tilgung (an die Bank) - Nicht umlagefähiges Hausgeld (Verwaltung & Co.) - Instandhaltungsrücklage (für Reparaturen) - Steuern auf Mieteinnahmen --------------------------------------------- = Netto Cashflow (Vor Steuererstattung)

Lass uns das an einem echten Beispiel aus 2024 durchrechnen. Eine typische 2-Zimmer-Wohnung in einer mittelgroßen deutschen Stadt.

🏢 Das Beispiel-Objekt

Kaufpreis: 200.000 €

Kaltmiete: 800 € (4,8% Brutto-Rendite)

Finanzierung: 100% Kaufpreis (Nebenkosten aus Eigenkapital)

Zinssatz: 3,8%

Tilgung: 1,5%

Die Rechnung:

Ergebnis vor Steuer: -193 € pro Monat.

Siehst du das Problem? Obwohl du 4,8% Rendite hast (was solide ist), zahlst du jeden Monat fast 200 Euro drauf. Das ist keine Immobilie, die sich selbst bezahlt. Das ist ein teures Hobby.

Rechne DEINEN Deal nach

Vertrau keiner Beispielrechnung. Gib deine eigenen Werte ein.

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Die 3 Szenarien: Draufzahler, Nullsumme, Cashflow

Grundsätzlich fallen alle Immobilien-Investments in eine dieser drei Kategorien. Du musst VOR dem Kauf entscheiden, in welcher Liga du spielen willst.

📉

Szenario 1: Der Draufzahler (Negativer Cashflow)

Das ist die Situation im Beispiel oben. Du zahlst jeden Monat Geld aus deinem Gehalt dazu, um die Immobilie zu halten.

Warum macht man das?

  • Spekulation: Du hoffst, dass die Wohnung in 10 Jahren 300.000€ wert ist.
  • Steuervorteil: Du kannst die Verluste gegen dein hohes Gehalt rechnen und bekommst Steuern zurück (der sogenannte "Steuer-Hebel").
  • A-Lage: In München oder Hamburg akzeptiert man das, weil das Risiko von Leerstand gegen Null geht.

Das Urteil: Gefährlich für Einsteiger. Wenn du deinen Job verlierst, bricht das Kartenhaus zusammen.

⚖️

Szenario 2: Das Nullsummenspiel (Neutral)

Die Miete deckt alle Kosten exakt ab. Du hast keinen Gewinn zum Ausgeben, aber auch keine Belastung.

Warum macht man das?

  • Reiner Vermögensaufbau: Die Tilgung reduziert deine Schulden jeden Monat. Dein Nettovermögen steigt, ohne dass du arbeitest.
  • Sicherheit: Du bist unabhängig von deinem Haupteinkommen.

Das Urteil: Das perfekte Ziel für den Einstieg. Hier schläfst du ruhig.

🦄

Szenario 3: Die Cashflow-Kuh (Positiv)

Es bleibt jeden Monat echtes Geld übrig. 100€, 200€ oder mehr direkt in deine Tasche.

Wo gibt es das?

  • C- oder D-Lagen: Im Ruhrgebiet, in Ostdeutschland oder in strukturschwachen Regionen.
  • Hohes Risiko: Die Rendite ist hoch, weil das Risiko hoch ist (Leerstand, Wertverlust).
  • Sondervermietung: WG-Zimmer, Monteurwohnungen oder Airbnb (bedeutet aber ARBEIT, nicht passiv).

Das Urteil: Nichts für schwache Nerven. Wer hier kauft, muss den Markt genau kennen.

Die stillen Killer: Warum deine Rechnung oft falsch ist

Selbst wenn du eine Immobilie findest, die auf dem Papier eine schwarze Null schreibt: Der Teufel steckt im Detail. Es gibt Kostenfaktoren, die Makler gerne verschweigen und die Anfänger gerne vergessen.

1. Die Instandhaltungslüge

Makler sagen oft: "Das Haus ist top gepflegt, da müssen Sie nichts zurücklegen." Bullshit. Ein Dach hält 40 Jahre. Eine Heizung 20. Ein Bad 25. Irgendwann kommt die Rechnung.

Wenn du nicht mindestens 10-15 Euro pro Quadratmeter und Jahr zurücklegst (oder besser: 1% des Kaufpreises), belügst du dich selbst. Dein positiver Cashflow ist dann nur geliehenes Geld aus der Zukunft, das du später für das neue Dach brauchst.

2. Das Leerstands-Risiko

Rechnest du mit 12 Monatsmieten pro Jahr? Fehler. Rechne mit 11 oder 11,5. Mieter ziehen aus. Du musst renovieren. Du musst einen neuen Mieter suchen. In dieser Zeit zahlst du Kredit und Hausgeld weiter. Eine einzige leerstehende Wohnung kann die Rendite eines ganzen Jahres fressen.

Leere Wohnung mit Renovierungsbedarf
Abb. 2: Ein Monat Leerstand kostet dich schnell 1.000 Euro. Hast du die Reserve?

3. Die Steuer auf den Tilgungsgewinn

Das ist ein Profi-Thema, aber wichtig: Wenn dein Cashflow positiv ist, musst du diesen Gewinn versteuern. Aber Achtung: Du versteuerst nicht den Cashflow. Du versteuerst den steuerlichen Gewinn. Und der ist oft HÖHER als dein Cashflow, weil du die Tilgung nicht absetzen kannst.

Es kann passieren, dass du auf dem Konto 0€ Plus hast, aber dem Finanzamt trotzdem Steuern zahlen musst. Das nennt man "Phantomgewinn". Ein Liquiditäts-Killer.

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Ordnung ist das halbe Leben

Damit du bei diesen ganzen Kosten nicht den Überblick verlierst: Trenne Privates und Immobiliens strickt. Das DKB Vermieterkonto ist der Standard der Branche.

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Die Strategie für 2025: Wie es trotzdem klappt

Nach all dem Pessimismus: Gibt es sie noch, die selbsttragende Wohnung? Ja. Aber du findest sie nicht auf ImmoScout auf Seite 1, sortiert nach "Schönste Bilder".

Um bei 4% Zinsen einen neutralen oder positiven Cashflow zu generieren, brauchst du eine Brutto-Mietrendite von ca. 6% oder mehr. Wie kriegst du die?

Strategie A: Der Einkaufsgewinn

"Im Einkauf liegt der Gewinn" ist eine Floskel, aber sie stimmt. Du musst Immobilien finden, die unter Marktwert verkauft werden.

Wenn du eine Wohnung statt für 200.000€ für 160.000€ kaufst, bei gleicher Miete, springt deine Rendite sofort nach oben.

Strategie B: "Develop and Hold"

Du kaufst eine Wohnung, die aktuell schlecht vermietet ist (z.B. 6€/qm). Der Mieter zieht aus oder du verhandelst eine Aufhebung. Du renovierst (neue Böden, Wände glatt, vielleicht neue Küche). Dann vermietest du neu für 10€ oder 11€/qm.

Dieser "Miet-Hebel" ist der mächtigste Hebel, den du als Investor hast. Er verwandelt einen Draufzahler in eine Cashflow-Maschine.

Strategie C: Möbliertes Wohnen

Statt leer zu vermieten, stellst du Möbel rein und vermietest an Expats, Projektmitarbeiter oder Studenten. Die Miete pro Quadratmeter kann sich hier verdoppeln. Aber Vorsicht: Das ist ein Gewerbe. Du brauchst eine Genehmigung (Zweckentfremdung beachten!) und es ist viel Arbeit (WLAN kaputt, Löffel fehlen, ständiger Mieterwechsel).

Strategie Aufwand Risiko Cashflow-Chance
Buy & Hold (Standard) Gering Mittel Gering (bei 4% Zins)
Fix & Rent (Aufwertung) Hoch (Renovierung) Mittel Hoch
Möbliert / Kurzzeit Sehr Hoch (Betrieb) Hoch (Regulierung) Sehr Hoch

Fazit: Der Preis der Freiheit

Die Wohnung, die sich selbst bezahlt, ist kein Mythos. Sie ist Realität für tausende Investoren in Deutschland. Aber sie ist kein "Free Lunch".

Sie ist das Ergebnis von:

  1. Guter Marktkenntnis (um günstig einzukaufen)
  2. Verhandlungsgeschick (beim Preis und bei der Bank)
  3. Risikobereitschaft (investieren in C-Lagen oder Renovierungsobjekte)

Wer dir erzählt, du könntest heute blind eine Neubauwohnung in München kaufen und hättest sofort positiven Cashflow, der lügt oder will dir eine Vertriebsimmobilie andrehen.

Hör auf, vom schnellen Reichtum zu träumen. Fang an, die Arbeit zu machen. Such die hässlichen Entlein. Rechne konservativ. Und dann: Schlag zu.

Bereit für die Wahrheit?

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